Stille Nacht, erschwingliche Nacht?
Der Leipziger Weihnachtsmarkt blieb am Montag ungewöhnlich ruhig. Nicht der Besinnlichkeit wegen, sondern anlässlich einer Protest-Aktion gegen hohe Gema-Gebühren.
Bratwurstessende Menschen schieben sich durch die dämmrige Innenstadt. Vor den Buden wird geprostet. Nur Jingle Bells und Last Christmas gibt es nicht wie gewohnt. Der Grund: Ein Akt des Widerstands. Die Beschallung ist dem Veranstalter zu teuer geworden.
Nicht nur der Leipziger Weihnachtsmarkt verzichtete am ,,Tag der Stille“ darauf, die Boxen aufzudrehen und Live-Acts zu engagieren. Acht weitere Märkte in Deutschland beteiligten sich, darunter auch Dresden, Erfurt und Magdeburg. Walter Ebert, Leiter des Markamtes der Stadt Leipzig begründete die Entscheidung zur Teilnahme damit, dass alle Weihnachtsmärkte unter den erhobenen Gema-Kosten durch die neue Berechnung der Veranstaltungsflächen leiden würden. Die Kommunen könnten sich eine Live-Bespielung der Bühnen unter aktuellen Bedingungen nicht mehr leisten. Die Gema vertritt nach eigenen Angaben die Urheberrechte von rund 90 000 Kulturschaffenden. Damit, dass musikalische Erzeugnisse den Umsatz steigern würden und Künstler*innen dafür gewürdigt werden sollen, werden Nutzungsgebühren für Veranstaltende begründet. Für Stadtfeste gibt es dazu einen Tarif, der auch für Weihnachtsmärkte gilt. Bis 2019 hatte Leipzig jährlich ungefähr 2.900 Euro an die Gema (Gesellschaft für musikalische Aufführungs- und mechanische Vervielfältigungsrechte) gezahlt. 2022 gab es eine Einigung mit der Musikverwertungsgesellschaft über eine Gebühr von 18.000 Euro. So stand es in einer Pressemitteilung des Leipziger Marktamtes vom ersten Dezember.
Eine tatsächliche Erhöhung der Gebühr habe es nicht gegeben, beteuert die Gema. Ende November veröffentlichte sie ein Statement, in dem es heißt, dass der bestehende Tarif von 2018 nun lediglich richtig angewandt werde. Hauptgrund für die höheren Rechnungsbeträge in den Briefkästen der Betreibenden sei nämlich, dass Veranstaltungsflächen bisher oftmals falsch berechnet und angegeben worden seien. Die Vermessung der Veranstaltungsfläche sei seit einer Entscheidung des Bundesgerichtshofes von 2011 eindeutig geregelt. Nur circa fünf Prozent der deutschen Weihnachtsmärkte seien betroffen von deutlich höheren Rechnungen und eine konsequentere Aufklärung des Deutschen Städtetags über die Anwendung des Tarifs hätte an dieser Stelle die Unstimmigkeiten und Überraschungen über hohe Gebühren vorbeugen können. Mit der Gegenüberstellung von 18 Euro Umsatz für den Weihnachtsmarkt pro Marktbesuch seien 2,5 Cent für die musikalische Untermalung pro Marktbesucher*in verhältnismäßig, verteidigt die Verwertungsgesellschaft die Lizenzgebühren.
Auf dem Protest-Aufruf wird ein ,,fairer Gema-Tarif“ verlangt. Die Forderungen des Leipziger Marktamtes zielen konkreter auf eine Differenzierung des Tarifs ab: Anpassung an die räumlichen und zeitlichen Gegebenheiten der Veranstaltung mit der Möglichkeit, Einzelfallentscheidungen zu treffen. Die Marktbetreibenden bräuchten außerdem Planungssicherheit für künftige Jahre. Eine ,,Kulanz-Regelung“ wie im letzten Jahr, die bei den einzelnen Märkten willkürlich angewendet wird, gebe dies nicht her.
Am Dienstagnachmittag läuft wieder ,,Maria durch ein´ Dornwald ging“ auf dem Marktplatz. Sie fände es ohne Musik viel langweiliger, sagt die Verkäuferin am Brotgefuehle-Stand auf dem Markt am Folgetag. Auch an gewöhnlichen Weihnachtsmarkttagen gebe es Musikpausen. Diese veränderten die Stimmung auf dem Markt spürbar. In der Grimmaischen Straße am Keramik-Stand gibt die dortige Betreiberin an, sie bekäme gar nicht mit, ob auf dem Markt Musik gespielt würde oder nicht. Laut Marktamt-Chef Walter Ebert gab es zumindest keine ,,Besucher-Einbrüche“ am Montag – wenn doch die Stille in aller Munde gewesen sein soll. Händler*innen wie Besucher*innen würden die Aktion mittragen. Auch die mediale Resonanz sei insgesamt sehr groß gewesen, lautet es in Eberts kurzem Fazit zur Aktion.
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