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  • 100 Boote – 100 Millionen Menschen

    Ein solidarisches Kunstprojekt reist am 20. Juni zum Weltflüchtlingstag von Leipzig nach Berlin.

    Dunkelblaues Wasser, schäumende Wellen und ein beige-gelber Sandstrand verbildlichen auf einem großen Faltboot, das Überleben von Geflüchteten aus Kriegsgebieten. In sogenannten „Kreativhäfen“ wurden diesen Frühling in Leipzig vier XXL-Papierboote künstlerisch gestaltet, um Schutzsuchenden eine Stimme zu geben. Das Kunstprojekt möchte gemeinschaftlich und deutschlandweit ein starkes politisches Signal setzten und sich mit Menschen auf der Flucht solidarisch zeigen.  

    Die AWO Ehrenamtsakademie in Sachsen-Anhalt hat ein Bundesländer-übergreifendes Kunstprojekt ins Leben gerufen, bei dem im Spätsommer 2023 engagierte Menschen in Sachsen-Anhalt 100 fünf Meter lange XXL-Papierboote in einer sogenannten „Engagementwerft“ gefaltet haben. Diese Boote wurden an Schulen, kommunale Einrichtungen, Migrationsprojekte und Mehrgenerationshäusern verteilt. Die Orte wurden dann kurzfristig zu kreativen Häfen, um die Boote unter der Anleitung von Künstler*innen und Kollektiven auf vielfältige Weise zu „bunten Bo(o)tschaften“ zu gestalten. Zum Weltflüchtlingstag am 20. Juni 2024 werden diese 100 Boote nach Berlin gebracht und dort auf einem öffentlichen Platz ausgestellt. 

    Dabei sind insbesondere Menschen mit Fluchterfahrung an der Konzeption und künstlerischen Ausarbeitung beteiligt. Im Leipziger Kreativhafen der Johanniter-Akademie haben zwölf Menschen ob jung oder alt und aus unterschiedlichen Regionen wie Syrien, Ukraine oder Afghanistan, mitgearbeitet. Um untereinander zu vermitteln, unterstützten Übersetzer*innen bei der Kommunikation und halfen, neue Bande zu knüpfen. „Ich mache bei der Aktion mit, weil es wichtig ist, über den Krieg zu sprechen und somit Aufmerksamkeit auf das Thema Flucht zu lenken.“, berichtet eine der Teilnehmenden. Sie ist vor dem Krieg in der Ukraine geflohen und nun seit zwei Jahren in Deutschland. Wasser, Boden und eine Insel sind als Motive auf dem Boot zu sehen und symbolisieren Zuversicht und den Wunsch anzukommen. Die dunkle Farbe des Wassers, soll aber auch an die Verstorbenen auf dieser unsicheren Flucht erinnern. In ukrainischer Sprache steht auf einer Seite „nach Hause“ geschrieben. Die anleitende Künstlerin Natalia Atlamonowa hat die Flucht aus der Ukraine selbst vor zwei Jahren erfahren und lebt seitdem in Leipzig. Für sie ist das Zusammenbringen der Betroffenen ein Herzensprojekt. Unter anderem betreut sie auch das Projekt „Dozwilla“, welches übersetzt Freizeit bedeutet und als ukrainische Kulturinitiative im Juli 2022 gegründet wurde. Hier werden für Personen mit Fluchtgeschichte Sprach-, Tanz- und Malkurse angeboten. Ziel des Projekts ist eine kulturelle Teilhabe aller Teilnehmenden, Selbstentfaltung und das Ausleben der Herkunftskultur zu ermöglichen.  

    Möglich machen diese und andere Veranstaltungen unter anderem die Johanniter-Akademie und der Verein „Leipzig helps Ukraine“, welcher im Februar 2022 anlässlich des Angriffs auf die Ukraine gegründet wurde. Zu ihren Aufgaben zählen sie die Planung und Umsetzung von Kooperationen mit Leipziger Notunterkünften, Vermittlung, Lehrausflügen zum Bundes- und Landtag, aber auch Kulturveranstaltungen wie das „Open Stage-Refugee“-Event, bei dem Erfahrungen und Erlebnisse von betroffenen Personen erzählt werden. Integrationsvermittler und Ehrenamtskoordinator der Akademie, Tobias Floris, erklärt, dass die ehrenamtliche Arbeit essenziell daraus besteht, Grundlagen wie Sprachvermittlungen bei Arzt- und Amtterminen zu bieten. „Das ist eine wichtige Unterstützung, um den betroffenen Personen hier ein stabilisiertes Leben zu ermöglichen und dafür suchen wir immer Leute, die uns gerne bei diesen Tätigkeiten helfen.“, sagt Floris. 

    Weitere Initiatoren des Projektes „100 Boote- 100 Millionen Menschen“ sind das Haus der Demokratie, der Malteser Hilfsdienst e.V./ Stadtteilprojekt Gorkistraße 120, die Johanniter-Unfall-Hilfe e.V., das Stadtteilzentrum Lößnig, das Rote Kreuz, Jugendhilfe GmbH und „Wir sind Paten“ der Sozialen Dienste. 

     

    Foto: Sebastian Späthe

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