Schwarz für Alle
Pünktlich zu Pfingsten: Das Wave-Gotik-Treffen steht an und die „schwarze Szene“ wird wieder in Leipzig flanieren und feiern. Was man mitnehmen kann, ohne (viel) Geld auszugeben.
Man müsste zu Pfingsten gänzlich die Stadt verlassen, um seinem Griff zu entweichen. Das Wave-Gotik-Treffen (WGT) zieht gewöhnlich so viele Besucher*innen nach Leipzig, dass extravagant schwarz gekleidete Menschen, Steampunks, Cyberpunks und Fans des Stils der viktorianischen Ära für vier Tage das Stadtbild prägen. Vom 17. bis zum 20. Mai findet das diesjährige Szenetreffen statt, in der 31. Edition.
Es ist „DAS Familientreffen der schwarzen Szene“, meint Cornelius Brach, Pressesprecher des WGT. Eine präzise Definition der Gothic-Szene sei allerdings schwierig, da die Subkultur ziemlich heterogen wäre. Musik spiele eine große Rolle – auch diese könne sich jedoch im Stil stark unterscheiden. Verbindend sei für Viele vor allem ein „Lebensgefühl“, das über Musik und Äußeres hinausgehe: Abkehr vom Geschmack der Massen, alternativer Lebensstil und Begeisterung für unpopuläre Themen wie Tod und Vergänglichkeit.
Das kann auch als Leipziger*in und „Szene-Outsider“ neugierig machen. Teilnehmen wird aber schnell teuer. In diesem Jahr kostet das Ticket für die viertägige Veranstaltung 170 Euro. Für diejenigen, die sich ins Konzertgetümmel stürzen wollen, mag das empfehlenswert sein. Allerdings: Der Bafög-Höchstsatz liegt noch immer bei 934 Euro – vermutlich fällt es also wenigen Studierenden leicht, diesen Betrag aufzubringen.
Für etwas weniger Geld kann man ohne Festival-Ticket das Heidnische Dorf am Torhaus Dölitz besuchen. Dort gibt es laut Brach unter anderem Feuershows, Lesungen, Artistik und Ritter zu sehen. Auf den zwei Bühnen werden verschiedene Künstler*innen auftreten. Die Tageskarte dazu koste 20 Euro und ermögliche auch den Besuch der Zinnfigurenausstellung. Der Besuch des Mittelaltermarktes auf dem Dach der Moritzbastei mit passendem musikalischem Bühnenprogramm ist mit einer Tageskarte für fünf Euro möglich.
Geld „verdienen“ ist unter Umständen auch drin. Ist zufällig ein Zimmer in der WG frei, dann kann man es eventuell an WGT-Besuchende vermieten. Natürlich ist das nur auf legalem Weg zu empfehlen. (Tipps dazu in der luhze-Printausgabe aus dem April 2024, Seite 13). Auf der Website des Wave-Gotik-Treffens gibt es ein Austauschforum für Schlafplatzvermittlung unter dem Namen „Brauchst du Schlaf? / Do you need sleep?“. Wer an völlig Fremde und für einen kurzen Zeitraum vermietet, könnte sich gegebenenfalls absichern, indem sie*er eine Ausweiskopie der Übernachtungsgäste verlangt.
Mit kleinem Budget und ganz ohne Ticket ist es aber auch möglich, selbst an dem kulturellen Treiben teilzuhaben. Dazu muss man teilweise nicht einmal die Uni verlassen. Für den 17. Mai hat die Leipziger Uni-Bibliothek einen Vortrag zur „Vampyrologie des Lesens“, beziehungsweise der Konstruktion des modernen Vampirmythos, im Café Alibi angekündigt, den jede*r kostenlos besuchen kann.
Am selben Tag gibt es auch eine Führung unter dem Titel „Memento Mori. Sterben und der Tod“ im Paulinum, die eine Auseinandersetzung mit Todessymbolik in Aula und Uni-Kirche verspricht. Laut Brach bieten zwei Kunstgeschichtsstudentinnen diese Führung an. Im Ägyptischen Museum finden am Samstag und Sonntag Führungen statt, die Personen ohne WGT-Bändchen mitmachen können. Einmal wird auch englischsprachig zu Leben und Tod im alten Ägypten referiert – am Samstag ab 15:30 Uhr.
Das volle WGT-Programm wird erst circa eine Woche vor Veranstaltungsbeginn auf der offiziellen Website veröffentlicht. Ersichtlich ist aber bereits, dass viele namhafte Leipziger Veranstaltungs- und Kulturstätten sich beteiligen. Darunter sind auch die Oper Leipzig, die Thomaskirche und das Stasi-Unterlagen-Archiv am Dittrich-Ring. Letzteres bietet beispielsweise am 18. Mai einen eintrittsfreien Vortrag zur Heavy-Metall-Subkultur in der DDR an. Das Deutsche Buch- und Schriftmuseum lädt am Sonntagvormittag zum anmeldepflichtigen Fledermäuse-Basteln für Familien ein, und später soll im Rahmen einer Führung noch der Buchdruck nach Gutenberg demonstriert werden und der Leipziger Autor Christian von Aster liest „schwarzhumorige Texte“. Auch hier ist der Eintritt frei.
Wer nicht so viel geistigen Input braucht, sondern lieber essen, quatschen und kunstvolle Outfits bestaunen oder kreieren will, kann am Viktorianischen Picknick teilnehmen. Dieses gilt allgemein als inoffizieller Auftakt und findet laut gleichnamiger Facebook-Veranstaltung am Freitagnachmittag im Clara-Zetkin-Park statt. Alle können vorbeikommen, müssen aber Picknick-Equipment selbst mitbringen.
Damit die Atmosphäre nicht unter „Heerscharen unbeteiligter Beobachter und Fotografen“ leide, rät WGT-Pressesprecher Brach dazu, passend gekleidet zu erscheinen: Das könne alles von „festlicher, idealerweise historischer Robe von dunkelbunt bis schwarz, von viktorianisch-romantisch bis zu Steampunk oder Gothic-Lolita“ sein. In klassischem Schwarz mache man nichts falsch.
Fotos: Andreas Schmidt
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