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  • Demokratie im Kleinen – Uni Leipzig im Wahlfieber

    An der Universität Leipzig wird gewählt. Besonderheit in diesem Jahr: Die Abstimmung erfolgt ausschließlich online. Damit sind einige Sorgen, Probleme und Kritik verbunden.

    Diese Woche stehen sowohl die studentischen als auch die universitären Wahlen der Universität Leipzig an. Zwischen dem 18. und 25. Juni haben alle eingeschriebenen Studierenden der Universität Leipzig die Möglichkeit zur Stimmenabgabe. Doch, was und wen wählt man eigentlich? 

    Die studentischen Wahlen 

    Bei den studentischen Wahlen werden die Fachschaftsräte (FSR) der Fakultäten und das Referat für ausländische Studierende gewählt.  Die Fachschaftsräte sollen die Interessen der Studierenden gegenüber den jeweiligen Instituten vertreten. Dabei können sie beispielsweise bei Finanzfragen mitentscheiden. Mitglieder der Fachschaftsräte können auch in den Student*innenrat (Stura) entsandt werden und sind dort das Sprachrohr der Studierenden gegenüber der Universität und der Öffentlichkeit. Das geschieht unter anderem durch öffentliche Positionierungen zu hochschulpolitischen Themen oder durch das finanzielle Fördern von Beratungs- und Unterstützungsangeboten für Studierende. Wer für die einzelnen Fachschaftsräte kandidiert, ist auf der Website des Stura einsehbar. Außerdem stellen die meisten Fachschaftsräte ihre Kandidierenden auch auf Instagram vor. Die Ergebnisse können nach Ende der Wahlen ebenfalls auf der Website des Stura eingesehen werden. 

    Portrait Max Lewit

    Max Lewit denkt, dass demokratisches Engagement wichtiger denn je ist. Foto: Latzo Nachtigal

    Das Referat für ausländische Studierende ist an den Stura angegliedert und bildet die zentrale Anlaufstelle für internationale Studierende und berät sie bei aufkommenden Fragen zu Aufenthaltsgenehmigungen, Visaanträgen oder die Zulassung zum Studium sowie zum studentischen Wohnen und der Stadt Leipzig selbst.  

    Die Wahlbeteiligung bei den studentischen Wahlen ist traditionell niedrig. In den letzten Jahren schwankte sie zwischen rund 2 und 17 Prozent. Max Lewit und Latzo Nachtigal sind aktuell beide im FSR Soziologie aktiv. Sie erklären sich die geringe Wahlbeteiligung mit einem allgemeinen Ohnmachtsgefühl der Studierenden.  

    „Häufig sind die studentischen Interessen zu unterschiedlich und unsere Erfolge als FSR zu klein. Wir wirken im Vergleich zum großen Ganzen bedeutungslos”, sagt Lewit und ergänzt: „Aber selbst wenn ein Fachschaftsrats-Mitglied alleine und auch ein einzelner Fachschaftsrat wenig erreichen kann, so ist demokratisches Engagement wichtiger denn je, damit Demokratie und Meinungsvielfalt auf allen Ebenen auch hier an der Universität Leipzig erhalten bleiben können. Nachtigal unterstreicht, dass man die Interessen der Studierenden vertrete. Dabei komme es nicht zwingend darauf an, sich besonders gut mit den Dozierenden zu verstehen, auch wenn eine gesunde Kommunikation helfen würde. „Es geht darum, die Forderungen und Bedürfnisse der Studierenden mit Nachdruck zu repräsentieren, auch wenn es Veränderungen und Arbeit bedeutet”, sagt Nachtigal.  

    Die universitären Wahlen 

    Bei den universitären Wahlen werden studentische Vertreter für die Gremien der Universität Leipzig gewählt, zum Beispiel der Senat.  Der Senat besitzt Kompetenzen, die unter anderem die Wahl von Lehrpersonal und die finanzielle Unterstützung von Forschungsprojekten umfassen. Er entscheidet in grundsätzlichen Angelegenheiten der Förderung von Lehre, Forschung und Kunst und formuliert Grundsätze für die Organisation des Lehr- und Studienbetriebes. Darunter fallen zum Beispiel Entscheidungen über die Leistungsbezüge von Professoren, aber auch die Ausarbeitung von Konzepten zur Prävention und zum Schutz vor sexualisierter Gewalt, Belästigung und Diskriminierung. Zudem beschließt er die Entwicklungsplanung der Universität und schlägt Mitglieder für den Hochschulrat vor. 

    Portrait Latzo Nachtigal

    „Je mehr Legitimation, desto besser“, findet Latzo Nachtigal. Foto: Paul Westerkamp

    Der Senat an der Uni Leipzig besteht aus 21 stimmberechtigten Mitgliedern, elf davon sind Hochschullehrer. Diese müssen laut dem Sächsischen Hochschulgesetz eine Mehrheit von einer Stimme gegenüber anderen Statusgruppen besitzen. Der Rest setzt sich aus vier akademischen Mitarbeitern, zwei Mitarbeitern der Verwaltung und Technik, sowie vier Studierenden zusammen.   

    Die Liste, die Hochschulgruppe von „Die Partei”, stellt aktuell mit Lone Bettin eine*n Senator*in. Ihnen ist wichtig, für mehr Transparenz in der Arbeit des Senats zu sorgen und, dass die Interessen der Studierenden nicht übergangen werden. Mario Lenk kandidiert für Die Liste auf dem zweiten Listenplatz. Er kritisiert, dass die rund 30.000 Studierenden der Universität Leipzig von nur vier Senatoren im Senat repräsentiert werden sollen, obwohl sie zahlenmäßig die deutlich größte Gruppe darstellen. Gerade, da es die Aufgabe des Senats ist, die langfristige Ausrichtung der Lehre und der Finanzierung der Universität zu beschließen, fänden studentische Stimmen zu wenig Gehör oder könnten mühelos übergangen werden. Eine hohe Wahlbeteiligung sei erstrebenswert und wäre ein Zeichen dafür, dass sich Studierende für hochschulpolitische Themen interessieren und eine erhöhte Aufmerksamkeit auf den Entscheidungen des Senats liege. Dieser müsse dann seine Arbeit transparenter einer breiteren Öffentlichkeit erklären.  

    Portrait Mario Lenk

    Mario Lenk ist der Meinung, dass der Senat die Interessen der über 30.000 Studierenden an der Universität besser repräsentieren müsse. Foto: Cassidy Richter

    Der Konflikt um die Online-Abstimmung 

    Dieses Jahr werden die Wahlen erstmals ausschließlich als Online-Abstimmung stattfinden. Der Stura hofft, dass die Wahl so zugänglicher ist, da Studierende unabhängig von ihrem Aufenthaltsort die Möglichkeit zur Stimmabgabe haben. Zudem gibt es jetzt mehr Zeit zum Wählen. Statt zwei Tage wie bei den Präsenzwahlen in vergangenen Jahren, hat man jetzt eine ganze Woche Zeit.  

    Dass die Wahl ausschließlich über das E-Voting-Tool Polyas durchgeführt wird, stößt jedoch auch auf Kritik. In einer Stellungnahme des FSR Informatik, die auch auf der Website des Stura geteilt wurde, weist dieser auf beträchtliche Sicherheitslücken des Systems hin und äußert große Bedenken bezüglich der Integrität der Wahlen. Besonders hebt er hervor, dass es noch keine technischen Lösungen gibt, um die grundlegenden Prinzipien einer Wahl (frei, gleich, geheim, sicher, zugänglich) gleichermaßen zu gewährleisten.  

    Der Stura ist sich der Probleme bewusst. Trotzdem hält er in diesem Jahr an der Online-Wahl fest. Normalerweise erhielt er für die Durchführung der Wahl Utensilien, wie zum Beispiel die Wahlurnen, von der Stadt Leipzig. Diese stehen aufgrund des „Superwahljahres“ dieses Mal nicht zur Verfügung. Die Anschaffung eigener Wahlutensilien sei zu kostenintensiv und aufwendig und es habe lange Diskussionen im Plenum des Sturas gegeben. Ihnen sei es darum gegangen, die Wahlen überhaupt und zu einem möglichst ähnlichen Zeitpunkt wie auch in den Jahren zuvor durchführen zu können. Um die Wahl online durchführen zu können musste eine Änderung der Wahlordnung beschlossen werden, die bis dahin eine elektronische Wahl im Krisenfall ermöglicht hatte. Wahlleitung und Wahlausschuss des Sturas haben die Online-Wahl gemeinsam beschlossen. 

    Das verwendete Polyas-Wahlsystem kann der Stura mit Unterstützung der Uni kostenfrei nutzen. Der Datenschutzbeauftragte der Universität Leipzig kam zu der Einschätzung, dass Polyas als einziges Wahlsystem geeignet sei. Der Stura verweist auch darauf, dass Lehren aus Krisenfällen wie der Covid19-Pandemie gezogen werden müssen. In Anbetracht solcher Ereignisse sei es nicht schlecht, Erfahrungen mit Online-Wahlen zu sammeln und eine weitere Alternative zur Präsenzwahl, welche nicht die Briefwahl ist, zu etablieren.  

    Der Stura teilt die Befürchtung einiger Studierender, dass eine Online-Abstimmung die Wahlen noch weiter aus dem Sichtfeld der Studierenden rücken könnte. Um dem entgegenzuwirken, begleitet er die Online-Wahl dieses Jahr mit Präsenzaktionen und versucht, mit intensiver Öffentlichkeitsarbeit darauf aufmerksam zu machen. Vom 17. bis 20. Juni veranstalteten der Stura und die Fachschaftsräte ein Couchcafé auf dem Campus am Augustusplatz, wo sie zu den Wahlen aufklären und für eine breite Beteiligung werben. 

    Ob das ausgereicht hat, um mehr Studierende zur Stimmenabgabe zu überzeugen, wird sich erst in einigen Tagen zeigen. Aktuell läuft die Wahl noch. Erst nach der Auszählung der Stimmen und der Bekanntgabe der Ergebnisse, kann ein aussagekräftiges Fazit gezogen werden. 

     

    Titelbild: Stura Uni Leipzig

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