„Regimewechsel“ in der luhze-Redaktion
Zwei von drei Chefredakteur*innen, Eliah und Henni, verabschieden sich. Eric behält seine Stellung und interviewt die beiden zum Abschied. Hier bekommt ihr einen Einblick hinter die luhze-Kulissen.
Gab es in den vergangenen zwölf Monaten eigentlich Momente, wo ihr mal nicht an luhze gedacht habt?
Eliah: Ja – wenn ich an meine Masterarbeit oder an meinen Job gedacht habe.
Henni: Also ich hatte schon oft so eine schnatternde Zeitung im Hinterkopf, die mich erinnerte: Redigieren, Mails, Artikel, Interview. Aber ja, tatsächlich gab es einige. Ich bin sehr gut darin, nicht an Dinge zu denken und hatte stets gute Ablenkung parat.
Eliah: Ja, mal ganz im Ernst, so schlimm war es bei mir auch nicht. Trotz der drei „Jobs“ habe ich es noch geschafft, mir Zeit für andere Sachen zu nehmen. Ab und zu.
Aber ehrlich: Wie oft seid ihr in der Zeit verzweifelt?
Eliah: Eigentlich nur in den letzten Stunden der Endredaktion, wenn man nach acht Stunden Korrekturlesen nicht mehr in der Lage ist zu denken. Ansonsten habe ich mich immer daran erinnert, dass wir das erstens zum Spaß machen (sollten) und dass es zweitens am Ende nur eine Unizeitung ist. Wir machen hier keine Notfallmedizin oder Bombenentschärfung. Wenn mal was nicht klappt, geht die Welt nicht unter.
Henni: Bei mir war es auch vor allem während der Endredaktion. Nach so zwölf Stunden Laptop und einem komischen Zeitungsbauprogramm namens Scribus kann man schon mal aufgeben. Aber das hat in der Regel auch darin geendet, nur noch witzigen Bullshit zu machen – wenn ich auf unseren dritten Chefredakteur als Gollum, mit Tuch überm Kopf am Schreibtisch hängend, verweisen darf: dich Eric. Belastend war es für mich dann, wenn ich eigentlich keine Zeit hatte, weil ich unterwegs war. Menschen versetzen, vom Bahnhofsboden aus die Zeitung an die Druckerei senden, nächtliches Redigieren neben meinen schlafenden Friends im Urlaub – da habe ich mich schon manchmal gefragt, was ich hier mache.
Was war für euch der größte innere Antrieb? Endredaktionstage mit manchmal mehr als zwölf Stunden macht man nicht einfach so. Ich meine: Bezahlt wird man für diese Arbeit nicht und große Berühmtheit erlangen wir auch als Chefredakteur*in nicht.
Henni: Ich weiß es selbst nicht so genau, ich habe mich aber schon etwas berühmter gefühlt (lacht). Das Texteschreiben und Redigieren macht schon einfach Spaß, man merkt auch, wie der eigene Umgang mit Sprache geschickter wird. Und ich habe vor allem die Konfrontation mit dem Journalismus gesucht. Bei luhze kann einem, wenn man das möchte, ziemlich schnell viel Verantwortung gegeben werden. Das ist einzigartig und lässt einen mal in die Situation hineinschnuppern. Dabei kann man auf jeden Fall viel über sich, andere und auch Projekt- und Redaktionsarbeit lernen. Die Chance wollte ich nutzen.
Eliah: Ich finde unseren Lokaljournalismus schon wichtig – bei vielen Themen haben wir Perspektiven und Recherchen, die in anderen Leipziger Medien nicht so vorkommen. Aber persönlich ist es vor allem das Gefühl, etwas zu erschaffen. Man fängt an mit ein paar Artikelideen, die in den Raum geworfen werden, und am Ende hat man eine vollständige Zeitung. Das Gefühl fand ich immer wieder krass.
Ihr habt es schon ein wenig angesprochen: Welche Bedeutung hat luhze für euch? Habt ihr durch eure Rolle als Chefredakteur*in nochmal eine neue Perspektive auf die Zeitung bekommen?
Eliah: Ich glaube, ich habe vor allem viel gelernt. Sowohl neue Fähigkeiten als auch viel über mich selbst, zum Beispiel was ich gerne mache und was nicht so, worin ich gut bin und worin nicht. Was für mich als Chefredaktion neu war, war die ganze Zusammenarbeit und Koordinierung der Redaktion. Als Redaktionsmitglied war der Hauptteil der Arbeit für mich natürlich Artikel schreiben und recherchieren, aber als Chefredaktion kommt ganz schön viel Behind-the-scenes-Orga dazu. Kalender im Kopf behalten, Leute vernetzen, informieren, Events organisieren, Ansprechpartner sein. So etwas habe ich vorher noch nicht gemacht und ich habe auf jeden Fall unterschätzt, wie viel Arbeit das ist.
Henni: Ja, für mich ist es ziemlich ähnlich.
Wollt ihr später auch beruflich im Journalismus tätig sein? Für die meisten, die mal bei luhze Chefredakteur*in waren, ist das jedenfalls der Fall – auch wenn der Plan vorher ein anderer war.
Eliah: Tatsächlich habe ich dadurch gemerkt, dass Journalismus im Allgemeinen doch nichts für mich ist. Also investigativ und so, dafür fehlt mir bei der Recherche die Leidenschaft. Allerdings kann es trotzdem noch sein, dass ich im Wissenschaftsjournalismus lande. Auf jeden Fall will ich im weiteren Sinn Wissenschaftskommunikation machen, und wie es genau aussehen wird, hängt davon ab, wie sich alles in meinem Leben so entwickelt.
Henni: Ich glaube, reiner Journalismus ist nichts für mich. Zu viele Deadlines, Absprachen und Recherchen, die sich dann doch nicht wirklich als interessant entpuppen.
Was macht ihr jetzt? Wo zieht es euch hin?
Eliah: Ich mache meinen Master fertig und dann werde ich einen Doktor machen. Wo, ist noch nicht entschieden. Ein Projekt in Frankreich war im Gespräch, aber erst mal bleibt es spannend. Und jetzt im Sommer will ich mir auch wieder mehr Zeit für Pausen und Hobbys nehmen. Zum Glück bin ich mit meiner Masterarbeit gut in der Zeit.
Henni: Ich gehe bis März auf Weltreise. Und danach setze ich meinen Master fort oder ähnliches. Ich bin jetzt seit Oktober 2020 in Leipzig und brauche mal eine große Abwechslung von allem hier: von der Großstadt, den Studenten, den Bibs und Bars. Irgendwann fährt man sich so fest in dem Leben, das man sich aufgebaut hat. Ich freue mich auf eine völlig neue Perspektive.
Abgesehen natürlich von meiner endredaktionellen Mutation zum Gollum: An welche Erfahrungen bei luhze denkt ihr besonders gerne zurück? Was vermisst ihr schon jetzt?
Eliah: Die Redaktionssitzungen und Ressortleitungssitzungen… Natürlich weil unsere Redaktion super nett ist, aber auch, weil man da immer so Momente hatte, wo Leute sich austauschen und gemeinsam brainstormen und Ideen rauskommen, auf die man alleine einfach nie kommen würde. Das ist immer cool.
Henni: Für mich waren es auch diese Momente des Gemeinsam-Kreativ-Werdens, wenn Ideen, noch so dumm, einfach mal in den Raum geworfen wurden und man dann auch die Freiheit hatte, manche witzige Ergebnisse abzudrucken. Und ich mochte es auch doll, die Texte der anderen zu lesen und mit der Zeit die Menschen dahinter ein wenig kennenzulernen.
Zum Schluss: Was wünscht ihr der luhze-Redaktion?
Eliah: Vor allem viel Spaß, das ist das Wichtigste. Dass alle Autor*innen ihre Artikel zuverlässig fertig schreiben. Ein besseres Layout-Programm. Und möglichst keine Einschüchterungsklagen mehr!
Henni: Ja, ich auch. Spaß, Zeit und Zusammenhalt. Dass engagierte neue Autor*innen nachkommen und was Spannendes in Leipzig passiert. Auch Mut und Kreativität, einfach mal neuen Schwung in die „alten“ Formate zu bringen. Und eigentlich glaube ich, dass die Klage luhze prestige- und erfahrungsmäßig ganz gut getan hat. Also vielleicht auch mehr Einschüchterungsklagen (lacht).
Titelbild: Pixabay
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