Weiter Händchen halten
Auch nach der Europawahl plant das Leipziger Bündnis Hand in Hand Aktionen gegen die AfD. Im August findet im Rahmen dessen ein „Rave for peace“ im Johannapark statt.
„Wir sind geschockt. Ich denke aber schon, dass wir etwas bewirkt haben“, sagt Irena Rudolph-Kokot, Pressesprecherin vom Leipziger Protestbündnis Hand in Hand. „Die Aktion war ein klares Zeichen an die Republik, dass es Menschen gibt, die der Blaufärbung entgegentreten.“
„Hand in Hand – für Demokratie und Menschenrechte“, so warb das Protestbündnis noch vor den Wahlen für die Teilnahme an der Großdemonstration und für die Stimmabgabe für eine „demokratische“ Partei. Es solle die Vielfältigkeit und Offenheit der Gesellschaft durch die demokratische Mehrheit verteidigt werden, heißt es auf der Website des Bündnisses. Bei der Europawahl im Juni konnte sich die vom Verfassungsschutz als gesichert rechtsextremistisch eingestufte AfD trotzdem mit rund 32 Prozent den größten Stimmanteil in Sachsen sichern. Im ebenfalls neu gewählten Leipziger Stadtrat erhält die Partei in der kommenden Amtsperiode einen Sitz mehr als noch 2019.
Zu Beginn dieses Jahres fand sich das Bündnis Hand in Hand aus verschiedenen Gruppen aus der Zivilgesellschaft zusammen und organisierte im März eine erste Kundgebung anlässlich eines AfD-Bürgerdialogs. Aktuell haben über 200 Organisationen, darunter auch der Stura der HTWK und Students for Future Leipzig sowie zahlreiche Einzelpersonen den Aufruf des Bündnisses „gegen rechte Normalisierung“ unterzeichnet. Auf der Website von Hand in Hand sind sie namentlich aufgelistet. Dort gibt es auch die Möglichkeit, zu spenden, sich als Helfer*in zu melden, und einen Überblick über Stationen, an denen Material zur Mobilisierung für kommende Veranstaltungen abgeholt werden kann.
Bei der Organisation der Juni-Demo wurde die Inklusion verschiedener Bevölkerungsgruppen mitgedacht: Es gab einen Kinderbereich, Konzerte zwischen den Redebeiträgen, Maßnahmen für Menschen mit Mobilitätseinschränkungen und eine automatische Simultanübersetzung der Redebeiträge ins Französische, Englische und Ukrainische. Die arabische Übersetzung verteilte der Verein Da Migra vor Ort auf Flugblättern.
„Das Bündnis bleibt auch nach der Wahl weiter bestehen“, erklärt Rudolph-Kokot im Gespräch. Zunächst sei am 25. August, vor der Landtagswahl in Sachsen, eine weitere Großdemonstration geplant. An drei Orten solle es ein Demokratiefest geben, bevor ein gemeinsamer Zug um den Innenstadtring stattfände. Vor allem für das jüngere Publikum gebe es im Rahmen dessen einen „Rave for peace“ im Johannapark, geplant und umgesetzt vom gleichnamigen Verein.
Die Aktion kann als Fortsetzung einer bundesweiten Welle von Demonstrationen verstanden werden, ausgelöst durch den Correctiv-Bericht über das „Potsdamtreffen“ verschiedener rechtsextremer Akteure. Daran sollen auch AfD-Politiker*innen teilgenommen haben. Unter anderem wurde laut Correctiv ein Plan zur Verdrängung rassifizierter Menschen aus Deutschland diskutiert. In Leipzig hatten sich als Reaktion darauf laut Veranstalter bei der „Zuammen gegen Rechts“-Demo rund 70.000 Protestierende beteiligt.
Laut dem Leipziger Protestforscher Alexander Leistner habe der bundesweite Protest in dieser Form ein Erstarken der AfD „deutlich gebremst“. Zudem sei noch die Wählerwanderung zum querfront-populistischen Bündnis Sarah Wagenknecht einzukalkulieren. Leistner sagt auch, dass Proteste ebenfalls „nach innen“ wirken: „Sie erfüllen die Funktion gesellschaftlicher Selbstvergewisserung, dass es keineswegs „normal“ ist, Menschen mit Migrationsgeschichte deportieren zu wollen.“ Es gehe aber nicht allein um „den großen Protest auf der Straße, sondern vielmehr darum, sich im Alltag zu politisieren und zu organisieren.“
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