Gedicht – Mein größtes Privileg: die Freiheit
Kurz nach dem erschreckenden Bild von Deutschland, gekleidet in Schwarz-Blau, teilt luhze-Autorin Julie ihre Angst um eines der wichtigsten Privilegien unserer Gesellschaft: die Freiheit.
Ich habe Angst.
Angst, dass mir das alles genommen wird.
Meine Freiheit, meine Meinung äußern zu können.
Meine Freiheit, als Frau ein unabhängiges, selbstbestimmtes Leben zu führen.
Meine Freiheit, Menschen zu lieben.
Meine Freiheit, meine Sexualität auszuleben.
Meine Freiheit, mich für den Schutz dieses Planeten einzusetzen.
Meine Freiheit, idealistisch zu sein.
Meine Freiheit, Menschen helfen zu können.
Ich habe Angst, meine Freiheit zu verlieren.
Ich habe Angst, ein Leben zu führen, indem ich nicht von Vielfalt umgeben bin.
Indem eine Sprache meinen Alltag regiert.
Indem mein Land mein Fokus sein soll.
Indem die Welt, in der ich lebe, ja dieser wunderschöne Planet, an uns verwelkt.
Indem ich diese Schönheit nicht sehen und zeigen kann.
Indem ich nicht reisen kann.
Indem die Artenvielfalt zur Artensingularität wird.
Indem Orte unbewohnbar werden.
Indem Menschen sterben.
Ich habe Angst, meine Freiheit zu verlieren.
Ich habe Angst, das Leben, das ich kenne, zu verlieren.
Denn ja, das alles steht auf dem Spiel.
Ich habe keine Lust nationalistisch zu sein.
Nationalistisch zu denken.
Gegen andere Menschen zu sein.
Eine Politik zu führen, in der sie ertrinken.
Und ich frage mich: Was ist das Ziel?
Welche Motivation treibt euch an?
Was ist schön daran nationalistisch zu sein?
Was macht andere Menschen zum Feind?
Wie kommt das gut an?
Ich frage mich: Was ist der Gewinn?
Daran, über andere Schicksale zu entscheiden?
Daran, die Sexualität anderer zu kontrollieren?
Daran, zurück zur Tradition zu kehren, statt zukunftsorientiert zu bleiben (handeln)?
Daran, unsere Artenvielfalt zu verlieren?
Ich frage mich: Was fühlt sich daran besser an?
Wenn Klimaschutz abgewählt wird?
Remigration passiert?
Eine Nation vor allem steht?
Und diese vielfältige Welt zu Grunde geht?
Erklärt es mir.
Denn ich? Ich versteh die Welt nicht mehr.
Titelbild (bearbeitet) von NoName_13 auf Pixabay
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