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  • ZENDAYA und die Challengers

    Ist das Kunst oder kann das weg? Regisseur Luca Guadagnino präsentiert uns nach Bones and all (2022) eine sehr sehenswerte und poppige Erotiknovelle.

    Eigentlich würde hierzu ein Vorspiel gehören, aber der Film selbst hält mit seiner Botschaft nicht gerade hinterm Zaun: Tennis ist in Challengers eine lose Metapher für Sex. Die für die Werbekampagne zuständige Promoabteilung servierte dem Publikum das entscheidende Verkaufsargument. Was der Trailer im Film zu sehen verspricht: Eine Menage-à-Trois mit dem aufstrebenden Hollywoodsternchen Zendaya, die in keinem der großen Hollywoodfilme der letzten Jahre fehlen durfte.  

    Auch wenn der Gruppensex ausbleibt – wir sehen zwar einige männliche Geschlechtsteile, Hintern und Knutschereien, jedoch keinen handfesten Sex –, präsentiert der Film tatsächlich die Menage-à-Trois als sein Grundthema! Allein um des Themas willen wäre dies ein wichtiger Film und überhaupt ein Pflichtbesuch. Weil er aber dazu noch derart konsequent ausgeführt und durchkomponiert wurde, bekommen wir einen beruhigenden Balsam für unseren verklemmten und moralisch bornierten Zeitgeist verabreicht. 

    Der Film spielt in der Welt der Tennisplätze und -clubs der Oberschicht. Schwer ist die Geschichte im Grunde nicht zu verstehen – sie ist, wie gesagt, eine Beziehungsgeschichte. Das ehemalige Tennisduo Art Donaldson (Mike Faist) und Patrick Zweig (Josh O’Connor) konkurrieren um die ausschließlich an Erfolg orientierte Tashi Duncan (Zendaya). Sie, die selbst einmal angehende Profispielerin war, erfindet sich nach einer Sportverletzung als Coach und Manager neu. Durch Zendaya entsteht ein Keil zwischen Art und Patrick. Erst ist sie die Freundin Patricks, dann Arts, den sie später heiratet, mit dem sie ein Kind bekommt und als dessen Manager sie agiert. Als Patrick, der es im Gegensatz zu Art nicht zum reichen Tennisprofi mit eigener Stiftung, Marken- und Werbeverträgen gebracht hat – sondern lediglich zum verschuldeten, aber aufstrebenden Amateur – nach Jahren wieder in Arts und Zandayas Leben tritt, steht Zendaya zwischen zwei Männern: ihrem erfolgreichen, aber unterwürfigem Ehemann und dem armen, aber ambitionierten und sexuell aufregenderen Herausforderer. Der Film handelt von einer Frauenfantasie – dem Kampf zweier Männer um eine Frau. 

    Folglich spielt der Film mit Aspekten von Homosexualität und dem „female gaze“, dem Pendant zum „male gaze“, der vor allem Frauenkörper ausstellt und sexualisiert. Er inszeniert die Athleten in einer Ästhetik, die sich als ein Gemisch von Adidas Sportwerbung, Fashionmagazinen und Clubtechno darstellt. Besonders den muskelbepackten Körpern der Athleten wird viel Raum gegeben. Die kräftigen Waden, den Schweiß, ihr Posieren hebt die Kamera immer wieder hervor und stellt sie zum Teil wie antike Gladiatoren dar. Da durfte das bewusst eingesetzte Stöhnen der Tennisspieler beim Schlagen des Balls nicht fehlen. Von der Banane bis zum Tennisschläger: Immer wieder wurden Phallussymbole und Homoerotik in den Film eingespickt –, man kann das vulgär finden oder, wie die Gestaltung des Filmposters, einfach poppig.  

    Fazit: Für eine „Mainstream“-Produktion erstaunlich frech. Der Film funktioniert auch deswegen so gut, weil der Sport für viele eine der letzten Bastionen von Gefühlsausdruck ist. Was im Alltag übertrieben und theatral erscheinen würde, ist hier gelebte Leidenschaft. Der Film ist für eine Pop-Novelle fast perfekt, einige Szenen zu lang und stilistisch zu unentschieden, das Schauspiel oft weniger überzeugend. Dazu entsteht oft eine mehr oder weniger freiwillige Komik. Auch enthält sich der Film weitgehend einem sozialkritischen Kommentar, was besonders erfrischend ist.  

    Zwar verspricht uns der Trailer den sexe à trois im Hotelzimmer mit Zendaya, ein Wunschbild, das wohl viele Zuschauer*Innen teilen, jedoch findet die eigentlich erotische Szene vorher statt. Sie fängt herausragend die Stimmung einer Afterparty ein: Sommernacht mit Sternenhimmel, braune Haut, strahlende Augen, Strand, laue Brise, Meer, ein Flirt: „Are we still talking about tennis?“ 

    Challengers ist bereits seit dem 25.04.24 in Deutschland in den Kinos. 

    CHALLENGERS | Official Trailer 2 | https://www.youtube.com/watch?v=VobTTbg-te0 

    Foto: © 2023 Metro-Goldwyn-Mayer Pictures Inc. All Rights Reserved

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