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  • (Fast) nur Musik auf dem Highfield

    Beim diesjährigen Highfield gab es viele coole Acts. Leider waren nur wenige davon Flinta*.

    Das Highfield am Strömtahler See, dass dieses Jahr vom 15. bis 18. August stattfand, ist DAS Leipziger Sommerevent – und wohl nicht weniger Wahrzeichen der Stadt als das Völkerschlachtdenkmal und der mdr-Tower. Ich habe es nach mehreren Anläufen nun endlich auch dorthin geschafft.

    Es macht seinem Namen alle Ehre: Ein vielleicht nicht hohes, aber dafür riesiges Feld füllte sich am Anreisetag mit Autos, Zelten, Dixiklos, Imbissbuden und vor allem Menschen.

    Was ich grundlegend unterschätzt hatte: Die Masse der Menschen und die Länge der Wege. Während ich mit meiner besten Freundin Rucksäcke und Zelt vom Parkplatz zum Campingplatz schleppte, warf ich neidvolle Blicke auf die Bollerwagen klügerer Leute.

    Die Hitze machte es nicht besser. In den folgenden Tagen worden die Trinkwasserstationen zu Wasserlöchern, um die sich alle Tiere der Savanne versammeln. Auch in anderen Punkten glich das Highfield einer Savanne: Gelbes Gras, nirgendwo Schatten und dafür überall Gefahren: Zwischen den Zelten reihte sich ein Flunkyball-Turniere ans nächste. Wohl aus Konvention floss trotz der Hitze viel Alkohol – und das Ergebnis war nicht selten die endgültige Entwicklung zum Savannentier.

    Etwas ruhiger ging es auf dem Campingplatz Grüner Wohnen zu. Hier war es nicht wirklich grüner, allerdings sollte das separierte Gelände explizit Leute ansprechen, die auf Sauberkeit und Ruhe wertlegen. Der Campingplätz war im Unterschied zur regulären Zeltplatzfläche nur mit entsprechendem Ticket zu betreten. Das fühlte sich ein bisschen exklusiv an, doch der Preis war der gleiche. Das Konzept funktionierte – die Sanitäranlagen waren sehr sauber und nachts dröhnte es nicht aus irgendwelchen Boxen. Wer also nicht der Typ für die Vierundzwanzig-Stunden-Partyzone ist, würde grüner Wohnen schätzen.

    Und wer nicht der Typ nicht für rustikale Campingduschen ist, konnte sich außerdem für fünf Euro in der Balea-Duschwelt entspannen – eine kleines Wellnesszentrum mit Sonnenliegen und sehr sauberen Duschen. Es war erstmalig in diesem Jahr Teil des Festivalgeländes und wohl dessen einziger Luxus. Es sei denn, man betrachtet es als Luxus, vier Tage lang Musik hören, tanzen und coole Bands live und in Farbe erleben zu können.

    Musikalisch war für jeden Geschmack etwas dabei, von Punk bis Rap, von Pop bis Indie. Entsprechend unterschiedlich waren die Acts: Der Rap- und Metallsänger Alligatoah stellte die komplette Bühne mit Requisiten zu, die der im Laufe seiner Show zerstörte, um die Wegwerf-Gesellschaft zu demonstrieren. Hip-Hop-Legende Peter Fox hatte eine riesige Tanz-Crew mitgebracht und lieferte einen der stimmungsvollsten Auftritte. Sänger Jan Gorkow von der Punk-Band Feine Sahne Fischfilet holte seine Eltern auf die Bühne. Bei Jeremias wurde es melancholisch, bei Domiziana extravagant, bei der Antilopengang politisch, bei Tränen sehr gemeinschaftlich.

    Doch bei so viel Diversität der Genres ließ die Diversität der Geschlechter zu wünschen übrig. Die Headliner am ersten Tag waren Alligatoah, Provinz und Peter Fox. Man muss nicht tief in der Musikszene drin stecken, um zu erkennen: Das sind ja alles Männer! Am zweiten Tag wurde es mit Cro und Rise Against nicht besser. Auch am Sonntag gab es mit Marsimoto und Macklemore nur männliche Mainacts.

    Flinta*s waren im Line-up eher gering vertreten und fanden sich verdächtig oft auf der deutlich kleineren Beach-Bühne wieder. Ein Besuch abseits vom Mainstreamtrubel lohnte sich also definitiv – ein Highlight für mich war die Newcomer-Band Ok.Danke.Tschüss mit Frontsängerin Eva. Ihr Auftritt blieb sowohl durch coole Songtexte und Übergänge als auch durch ein Flinta*-freundliches Moshpit fest im Gedächtnis. Auch auf der Strandbühne zu sehen waren das Duo Bierbabes, die Singer-Songwriterin MELE und die Berliner Rapperin Wa22ermann. Auf den Hauptbühnen rissen Antje Schomaker, Deine Cousine, Dilla und Domiziana die Menge mit. Bei insgesamt 50 Acts waren das nicht einmal ein Viertel.

    Klar waren Alligatoah und Co. auch super, dennoch hätte ich die Konzerte mehr genießen können, wenn ich mich als Flinta* besser im Line-up repräsentiert gefühlt hätte.

    Am Samstag ereignete sich ein schockierender Unfall: Zwei Gondeln des Riesenrads gerieten in Brand. Das ganze Konzertgelände beobachtete, wie die Gondeln ausbrannten und die Menschen evakuiert wurden. Es gab insgesamt 16 Schwerverletzte. Zu den Ursachen ermittelt die Polizei noch. Glücklicherweise bewahrte die Menge Ruhe und verhielt sich rücksichtsvoll. Bei einer Massenpanik hätte Schlimmeres passieren können.

    Das Festival konnte weiter gehen und die Musik von Cro und Rise Against stellte trotz des Schocks die Stimmung wieder her. Für das nächste Jahr hoffe ich, dass die Veranstalter*innen auf eine bessere Repräsentation von Flinta*s im Line-up achten werden. Ich selbst habe mir dagegen vorgenommen, an einen Bollerwagen zu denken.

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