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  • Zwischen Amputation, Schwindel, Blumen und Krieg

    Geschichten von Verlust und Zerrissenheit erzählen die Künstler*innen, deren Arbeiten in der Ausstellung Land(e)scapes. Recognizing Fragmentarity. in diesem Herbst in der Spinnerei zu sehen sind.

    Industrielle Architektur und kühle Neonröhren, sehr viel Platz in alle Richtungen. Stimmen aus Videoinstallationen tragen sich durch die Halle, wieder zurück und verschmelzen mit Musikfetzen zu einem gespenstischen Potpourri.

    Es geht um eine Auseinandersetzung mit den Fragmenten, die übrigbleiben, wenn Krieg, Vertreibung und Fremdbestimmung Menschen auf gewaltsame Weise von ihrer Heimat trennen. Noch bis zum 14. Dezember kann man die Ausstellung Land(e)scapes. Recognizing fragmentarity. in der Halle 14 auf dem Gelände der Leipziger Baumwollspinnerei besichtigen. Sie wurde von Anna Karpenko, Susanna Gyulamiryan und Kateryna Badianova mit klarer Agenda kuratiert. Es sollen hier Kriege und damit zusammenhängende Gewalttaten in Regionen der Welt thematisiert werden, denen sonst wenig Platz in der medialen Berichterstattung eingeräumt wird.

    Durch die Linse der künstlerischen Bearbeitung der Schicksale einzelner Dörfer und Lebensgemeinschaften wird die Idee staatlicher Kontrolle und Entscheidungsgewalt über Leben und Tod infrage gestellt. Auch der russische Angriffskrieg ist Gegenstand mehrerer Arbeiten. Weiter sind zeitgenössische Kunstschaffende aus Belarus, der Türkei, Österreich, Deutschland und Georgien vertreten.

    Das Konzept erscheint zyklisch: angefangen bei der (unbeantworteten) Frage nach den Gründen gewaltvollen menschlichen Handelns (Soup of time, Aliaxey Talstou) bis hin zum Umgang mit dem ewigen, daraus resultierenden Verlust, dem Versuch der Konstruktion einer Passage „zu etwas anderem“ (Contemprorary history of ukraine #18, Oksana Kazmina). Auf der Reise begegnet man verschiedenen Künstler*innen, die sich dem Thema gewidmet haben, wobei sich Ausdrucksmedium und Grad der Abstraktion unterscheiden.

    Schwere schwarze Vorhänge trennen den Raum. Hinter dem ersten warten zwei Video-Installationen vom ukrainischen ruЇns collective. In Other storms begegnet man schnell geschnittenen und geloopten Videoclips in 70er-Jahre-Körnung, unterlegt mit melancholischer Musik. Obwohl der Film selbst die Idylle des ukrainischen Dorfes Herosike abbildet, erzeugt diese rabiate Zerstückelung Schwindel und Übelkeit.

    Werke von Nazik Armenkyan, Piruza Khalapyan und Aliaxey Talstou. Foto: HALLE 14, Büro für Fotografie, Leipzig 2024

    Ein anderer Video-Loop zeigt, wie blaue Kornblumen, unter anderem Symbol belarusischer Befreiungsbewegungen, über einem Gasherd verbrennen (Blue flower, Aliaxey Talstou). Mit den verschiedenen Bedeutungsebenen von Amputation im Kontext ethnischer Säuberung beschäftigt sich Armine Hovhannisyan im Projekt Fragmented Amputations, zeigt dabei unter anderem eine 3D-Animation amputierter Körperteile.

    Das Motiv des Fragments bleibt durchweg präsent. In einer beinahe leeren Vitrine ist lediglich eine Infotafel ausgestellt. Daneben der Hinweis, dass die Arbeit Sites of fire. Dead wood des Künstlers Denys Pankratov, der infolge des russischen Angriffs auf die Ukraine Soldat wurde, möglicherweise später in die Ausstellung aufgenommen wird.

    Öffnungszeiten im November: Di-Sa, 11-18 Uhr

    Eintritt: 4 € (ermäßigt 2 €)

    Titelbild: HALLE 14, Büro für Fotografie, Leipzig 2024

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