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  • Viel Tanz bei den Leipziger Tanztheaterwochen

    Vom 23. August bis 19. September zeigten die zwölften Leipziger Tanztheaterwochen des Leipziger Tanztheaters (LTT) mit Veranstaltungen wie “KOMM I FORT I ZONE” und “Reconnect” zeitgenössischen Tanz.

    „Komm fort aus der KOMMIFORTIZONE“

    Warum müssen wir unsere Komfortzone überhaupt verlassen, obwohl wir uns dort sehr wohl fühlen? Diese Frage thematisiert das Stück “KOMMIFORTIZONE” der Juniorcompany der Jüngeren des LTT mit Tänzer*innen zwischen 6 und 13 Jahren, das unter Leitung von Maria Seidel und Eva Thielken am 9. September 2024 im Werk 2 aufgeführt wurde.

    KOMM I FORT I ZONE – Motivation, Flow, Vorbild oder innerer Schweinehund?, Foto: Fabian Heublein

    Vielleicht ist es der innere Schweinehund, der uns im Vertrauten verharren lässt. Aber auch die Angst vor dem Neuen und Unbekannten – vor dem Scheitern – können Kräfte sein, die uns daran hindern, aus unserer Komfortzone zu treten. Warum sollten wir sie überhaupt verlassen, wenn es doch viel Kraft und Anstrengung kostet? Und doch gibt es etwas, das uns von unserer Komfortzone wegzieht. Im Stück sind das, was uns wegzieht und weiterbringt, Vorbilder, Motivation und Flow. Vorbilder motivieren uns, Neues zu wagen. Und wenn wir dabei auch noch im Flow sind, kann uns auch der innere Schweinehund nicht mehr auf das vertraute Terrain zurückziehen. Beim Verlassen der Komfortzone müssen die Tänzer*innen einen Hürdenlauf hinlegen, den jede*r anders bewältigt. Doch auch wenn es Rückschläge gibt und das Verlassen der Komfortzone nicht einfach ist, gelingt es am Ende allen, im „Flow“ neue Wege zu gehen. Die ausdrucksstarken Tänzer*innen thematisieren ein allgegenwärtiges Thema, nämlich wie wir es schaffen, uns Herausforderungen zu stellen, sie zu meistern und vorwärtszukommen, ohne uns von Bequemlichkeit und Althergebrachtem aufhalten oder zurückwerfen zu lassen. Es bleibt die Frage, warum das Verlassen der Komfortzone überhaupt wichtig ist. Dahinter könnte ein gesellschaftlicher Leistungsdruck stehen. Andererseits kann jede Komfortzone spätestens dann ungemütlich werden, wenn uns all der Komfort darin zu viel wird. Außerdem dreht sich die Welt sowieso immer weiter, so dass wir in der Regel nicht in einer konstanten Komfortzone bleiben können. Damit es uns weiterhin gut geht, müssen wir uns wohl neuen Herausforderungen stellen. Und nur außerhalb unserer Komfortzonen können Wunder geschehen, so jedenfalls lautet die Botschaft des Stückes „KOMMIFORTIZONE“.

     

    „Reconnected im zeitgenössischen Tanz“

    In dem Stück „Reconnect“, dass bereits 2023 uraufgeführt wurde setzen sich die 25 Tänzer*innen der Seniorcompany im Alter zwischen 50 und 85 Jahren mit der Klimakrise, der Umweltzerstörung und einer mangelnden Verbundenheit zur Natur auseinander. Das Stück nimmt konkreten Bezug zu Extremwetterereignissen wie Dürren, Hitzewellen und Eiszeiten. Dies wird mit Live-Musik von Fritz Bayer begleitet und durch die Malerei sowie das Bühnenbild von Martina Schubert verbildlicht. Die Mikroplastik-Problematik, Treibhausgasemissionen und die Endlichkeit der natürlichen Lebensressourcen finden in dem Tanzstück ihren Platz.

    Unsere aktuelle mangelnde Naturverbundenheit und die mögliche Besserung durch mehr Verbundenheit werden von den Tänzer*innen in ihren Bewegungsabläufen und ihrem tänzerischen Miteinander ausgedrückt. Das Stück endet mit dem positiven Ausblick, dass uns mit mehr Naturverbundenheit und einem zärtlicheren, gefühlvolleren Umgang im menschlichen Miteinander eine bessere Zukunft bevorsteht.

    Angesichts der wissenschaftlich belegten zukünftigen Zunahme von Extremwetterereignissen, Hitzewellen, Dürren, Stürmen und Überschwemmungen und dem damit einhergehenden Leid für Mensch und Tier, scheint jedoch das positive Ende des Stücks das tatsächliche Ausmaß der Klimakrise zu verharmlosen, anstatt einen realistischen wirklichen Weg aus der Krise aufzuzeigen.

    Die Tänzer*innen der Senior*innencompany setzen sich mit Verbundenheit zur Natur in der Klimakrise auseinander, Foto: oTTo

    Mehr Naturverbundenheit und ein besseres, ein solidarisches Miteinander sind in der Klimakrise enorm wichtig. Allerdings gehen die notwendigen Maßnahmen weit über mehr Naturverbundenheit hinaus. Erforderlich sind vielmehr politische Entscheidungen und eine aktive Zivilgesellschaft, die sich für Umweltschutz einsetzt. Zudem müssten sich Staat, Politik und Gesellschaft auf die Klimawandelfolgeschäden vorbereiten, damit wir den nächsten betroffenen Menschen bei Extremwetterereignissen möglichst schnell und effektiv helfen können. Dazu braucht es mehr gelebte Solidarität. Naturverbundenheit allein kann weder überschrittene Kipppunkte rückgängig machen noch verfehlte Paris-Ziele wieder ausbügeln.

     

    Trotzdem ist das Tanzstück der Seniorcompany mutig. Auch in diesen Zeiten haben Utopie und Zuversicht ihre Berechtigung. Dass die Tänzer*innen in „Reconnect“ nicht wie sonst meist üblich zwischen 20 und 30 Jahren alt sind, ist außerdem eine schöne und ermutigende Abwechslung von herkömmlichen Tanzstücken. Die Tänzer*innen hatten sichtlich Freude am Tanz und ihrer Bühnenaufführung. Die gute Stimmung färbt auf das Publikum ab. Jungen Menschen lässt das Stück der Seniorcompany vorfreudig auf das auch ihnen bevorstehende Rentenalter blicken und die Möglichkeiten zum tänzerischen und künstlerischen Ausdruck. Die Auseinandersetzung mit Umweltzerstörung, Klimakrise und Naturverbundenheit als Weg in eine bessere Zukunft ist in dem Tanztheaterstück utopisch, naiv und hoffnungsvoll zugleich.

    Titelbild: Fabian Heublein

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