„Preisliche Oberkante“ – Ungewisse Zukunft fürs Deutschlandsemesterticket
Das Deutschlandticket wird im kommenden Jahr teurer. Damit auch das Deutschlandsemesterticket. Der Semesterticketausschuss des Studentenwerks Leipzig setzt sich für Preisstabilität ein.
Seit der Einführung des Deutschlandsemestertickets können Studierende durch Zahlung ihres Semesterbeitrags durch ganz Deutschland fahren. „Bei einem Grundpreis von 49 Euro im Monat läuft das Deutschlandsemesterticket auf 29,40 Euro im Monat hinaus. Das ist 1,40 Euro mehr als das bis dahin geltende MDV-Semesterticket – dafür natürlich mit einem deutlich größeren Geltungsbereich“, fasst Julian Röntgen vom Studierendenrat der HTWK zusammen.
Nun wird der Grundpreis – das Deutschlandticket – teurer. Laut WDR haben sich die Verkehrsminister*innen auf einen Preisanstieg auf 58 Euro ab 1. Januar geeinigt. Grund für die Erhöhung seien die Einnahmeausfälle durch das Deutschlandticket für kommunale Unternehmen, die Bund und Länder nicht durch weitere finanzielle Mittel ausgleichen wollen. Für das Ticket 2025 wurden Restmittel des Bundeshaushalts 2023 eingeplant. Die Opposition kündigte ihre Zustimmung am 14. November an, wie die Tagesschau berichtete. Seitdem gilt das Deutschlandticket für 2025 im Wert von 58 Euro als gesichert. Das hat auch Konsequenzen für das Deutschlandsemesterticket.
Fünf Euro mehr für Studierende
„Das Deutschlandsemesterticket ist maximal stark an das Deutschlandticket gebunden“, erklärt Julian Röntgen. Für die Verträge zwischen den Studierendenschaften und den Studentenwerken sowie den lokalen Verkehrsbetrieben über das Deutschlandsemesterticket gebe es bundesweit geltende Vertragsbedingungen. In den von Bund und Ländern beschlossenen Tarifbedingungen für das Deutschlandticket ist festgelegt, dass der Fahrpreis des Deutschlandsemestertickets 60 Prozent des Fahrpreises des regulären Deutschlandtickets beträgt. Allerdings bezieht sich da auf den Fahrpreis, der acht Monate vor Semesterbeginn festgelegt wurde.
„Demzufolge erhöht sich der Preis für das Deutschlandsemesterticket entsprechend von 176,40 Euro auf 208,80 Euro pro Semester – allerdings aufgrund der Vorlauffrist von acht Monaten erst mit Wirkung zum Wintersemester 2025/26“, resümiert Michael Mohr, Sachgebietsleiter für Kommunikation, Marketing und Kultur des Studentenwerks Leipzig. Daraus ergeben sich rechnerisch 34,80 Euro im Monat. Im kommenden Sommersemester bleibt der Preis rechnerisch bei den aktuell geltenden 29,40 Euro.
Trotz „technischer und organisatorischer Hürden“
Das Angebot eines rabattierten Deutschlandtickets für Studierende ab dem Sommersemester 2024 wurde am 27. November 2023 von Bund und Ländern beschlossen. „Dafür wurde viel Überzeugungsarbeit auf Bundesebene, unter anderem durch das Deutsche Studentenwerk und auf Landesebene in Sachsen durch die Konferenz Sächsischer Studierendenschaften (KSS) und die Studentenwerke in Sachsen geleistet“, ergänzt Röntgen.
Wie in vielen anderen Hochschulstandorten in Sachsen hätte im Sommersemester 2024 in Leipzig eigentlich noch der MDV-Semesterticket-Vertrag gegolten, doch die Leipziger Verkehrsbetriebe (LVB) und der Mitteldeutsche Verkehrsbund (MDV) boten dem Studentenwerk Leipzig den Wechsel auf das Deutschlandsemesterticket für das Sommersemester 2024 an. Der Semesterticketausschuss des Studentenwerkes Leipzig klärte mit LVB und MDV sowie den Leipziger Hochschulen die Umsetzungsmodalitäten, so dass schon im Sommersemester 2024 zum Deutschlandsemesterticket gewechselt werden konnte.
„Dafür haben sowohl die LVB als auch verschiedene Verantwortliche der Leipziger Hochschulen in wirklich sehr knapper Zeit verschiedenste technische und organisatorische Hürden überwunden und sich gemeinschaftlich auf gewisse technische Standards geeinigt“, so Röntgen.
Solidarmodell: Eine*r für alle, alle für eine*n
Laut dem MDV wird das Deutschlandsemesterticket zu einem Teil von Bund und Ländern finanziert. Die Vergünstigung entsteht, weil es wie das MDV-Semesterticket über das Solidarmodell funktioniert. Das bedeutet laut Röntgen in diesem Kontext, dass alle Studierenden einen Betrag zahlen müssten und dafür der gesamten Studierendenschaft ein Preisnachlass gewährt werde. „Dies ist aus meiner Sicht ein wichtiges Konzept, um die Studierenden zu unterstützen, die selbst nicht genug Mittel haben, um sich die für sie zwingend notwendige Mobilität zu leisten.“
Da bei diesem Modell den Studierenden die individuelle Entscheidung zum Kauf des Tickets abgenommen wird, sei ein wesentlicher preislicher Vorteil die Voraussetzung, erklärt Röntgen. Deshalb müsse das Semesterticktet günstiger sein als andere Tarife. „Mit dem Beschluss des allgemeinen Deutschlandtickets bestand die Gefahr, dass das bestehende Semestertickets hätten ungültig werden können. Deswegen war es wichtig, dass das Deutschlandsemesterticket auf Bundesebene beschlossen wurde.“
Möglichkeiten studentischer Mitsprache
Julian Röntgen ist auch im Semesterticketausschuss aktiv. Dieser besteht aus bis zu elf stimmberechtigten Mitgliedern. Davon sind acht Vertreter*innen der Leipziger Student*innenräte, zwei sind Mitglieder des Studentenwerks Leipzig und eine*r ist eine studentische Vertretung des Verwaltungsrates des Studentenwerkes.
Der Ausschuss vertrete über die KSS und das Studentenwerk Leipzig die studentischen Interessen bezüglich der Mobilität in der Politik, so Röntgen. „Das ist ein wichtiger Austausch, aber es ist natürlich für uns nur möglich, mittelbar Einfluss zu nehmen.“
Michael Mohr vom Studentenwerk erklärt, der Semesterticketausschuss habe gemäß Geschäftsordnung bei Semesterticketangelegenheiten eine beratende Funktion gegenüber Verwaltungsrat und Geschäftsführung des Studentenwerkes.
Ungewisse Zukunft für das Ticket
Noch nicht gesichert ist, ob das Deutschlandticket zu den aktuellen Bedingungen und nach 2025 überhaupt wieder bestehen wird. CDU-Chef und Kanzlerkandidat der Union Friedrich Merz erklärte bereits, dass er schwierige Verhandlungen darüber Ende 2025 erwarte. Das Deutschlandsemesterticket wird demzufolge in einem Jahr wieder auf der Kippe stehen.
Wie der MDV mitteilte, müssten „die MDV-Gesellschafter die Anerkennung des Deutschlandtickets im Gebiet des Mitteldeutschen Verkehrsverbundes kritisch prüfen“, sollte es zu einer Finanzierungsunsicherheiten kommen. „Eine Rückkehr zum MDV-Semesterticket wäre grundsätzlich immer möglich, setzt aber im Vorfeld eine Preisverhandlung zwischen Studentenwerk, Verkehrsunternehmen und dem MDV voraus, so dass ein neuer Vertrag geschlossen werden kann.“
Laut Mohr fordert das Deutsche Studierendenwerk „von der Politik ein Ende der Preiskopplung und eine Preis-Obergrenze für das Deutschlandsemesterticket.“ Schon im Mai 2024 erklärte Matthias Anbuhl, Vorstandsvorsitzender des Deutschen Studierendenwerks: „Eine Preisgarantie für 29,40 Euro für das verbilligte Deutschland-Ticket für Studierende ist zwingend notwendig. Das ist die preisliche Oberkante, die Studierende zahlen können.“
Julian Röntgen vom Semesterticketausschuss findet: „Mit Blick auf umweltpolitische Fragen, finanzielle Sorgen von vielen Studierenden und die kommende Bundestagswahl kann ich nur hoffen und dafür plädieren, dass das Deutschlandsemesterticket möglichst viel Preisstabilität bekommt. Bezahlbare Mobilität ist eine unglaublich wichtige Sache und ich finde es sehr wichtig, dass nicht an dieser Stelle eingespart wird.“
Titelbild: Elisa Pechmann
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