Es weihnachtet im Schauspiel Leipzig
Vier Geister verwandeln den Geizhals Ebenezer Scrooge in dem Stück “Eine Weihnachtsgeschichte” am Schauspiel Leipzig von einem herzlosen Weihnachtshasser zu einen großherzigen Weihnachtsliebhaber.
Am 5. Dezember 2024 wurde im Schauspiel Leipzig unweit des Weihnachtsmarktes mit dem Bühnenmärchen „Eine Weihnachtsgeschichte“ auf die besinnliche Zeit eingestimmt. Die Inszenierung der Geschichte von Charles Dickens (1843) wurde vom Schauspielensemble „sagas“ inszeniert und war mit bekannten Gesichtern aus dem Dortmunder „Tatort“ und der ARD-Serie „Die Kanzlei“ besetzt. Herbert Knaup übernahm die Rolle des Ebenezer Scrooge und Anna Schudt spielte die vier Geister, die bei anderen Aufführungen des unabhängigen Theaterensambles von Samuel Finzi verkörpert werden.
Der Besuch der vier Geister
Ebenezer Scrooge ist eigentlich ein griesgrämiger Geschäftsmann der sich vor allem für Geld, Arbeit und Profit interessiert. Vor allem Weihnachten empfindet er als eine Zeitverschwendung. In Dickens’ Geschichte suchen vier Geister den „alten Geizhals“ am Abend vor Weihnachten auf und führen ihn zu unterschiedlichen Orten der vergangenen, gegenwärtigen und der zukünftigen Weihnacht.
Als Scrooge in der gegenwärtigen Weihnacht das gemütliche Zuhause seines unterbezahlten Prokuristen Bob sieht, beginnt er umzudenken. Denn Bob ist mit seiner liebevollen Familie trotz Armut und krankem Sohn glücklich und fröhlich, wodurch Scrooge seine eigene Verdrossenheit und Unmenschlichkeit immer mehr auffällt.
Die Verwandlung des Weihnachtsmissmutigen
Der Geist der zukünftigen Weihnacht zeigt Scrooge schließlich, was ihm droht, wenn er seine Haltung gegenüber Weihnachten nicht ändert: ein einsames Lebensende ohne Freunde und Familie. Völlig traumatisiert von diesen Prophezeiungen wird Scrooge großzügig und gutmütig. Er zahlt Bob ein gerechtes Gehalt, sodass dieser endlich ein besseres Leben mit seiner Familie und dem kranken Sohn führen kann. Gleichzeitig ist für ein schönes Weihnachtsfest gesorgt. Fortan feiert Ebenezer Scrooge Weihnachten in geselliger Gemeinschaft und wird dadurch den Werten Nächstenliebe, Dankbarkeit und Großherzigkeit gerecht. So zumindest lautet das etwas pathetische Ende der inszenierten Weihnachtsgeschichte, die dazu auffordert, bloß nie wieder Weihnachten zu verpassen, um ja nicht allein, vereinsamt und griesgrämig zu verenden.
Neuinterpretation der Weihnachtsgeschichte etwas einseitig
Obwohl Regisseur Martin Mühleis und Komponisten Libor Síma die Weihnachtsgeschichte von Dickens’ neuinterpretierten, zeigt das Stück ein einseitiges Bild von Weihnachten auf. Zum einen bleibt unerwähnt, welche Umweltbelastungen mit dem weihnachtliche Konsumfest heute einhergehen. Bekanntlich werden für die große Weihnachtsbescherung sehr viele Nordmanntannen abgeholzt und eingeflogen. Der Weihnachtsshopping-Wahnsinn sorgt für viel zu viel CO2-Ausstoß. Zum anderen kann die normative Darstellung von Weihnachten bei der christlichen hetero-Familie auf Menschen, die Heiligabend ungewollt einsam sind oder Weihnachten nicht feiern (vielleicht feiern sie andere Feste sehr fröhlich) unachtsam und bedrückend wirken. Ein Weihnachtsfest mit der Familie muss außerdem für das Individuum nicht immer das bessere Weihnachten sein, wie es von dem Stück glorifizierend dargestellt wird. Insgesamt wäre ein vielfältigerer und inklusiverer Blick auf das Weihnachtsfest wünschenswert und spannend gewesen.
Weihnachtsstimmung? Auf jeden Fall!
Trotz dieser Lücken sorgt die Inszenierung für eine weihnachtliche Vorfreude, die das Publikum so sehr ergreift, dass einige beim Hinausgehen sogar Weihnachtsliedern anstimmen. Im Vordergrund des Abends stand Dickens mit seinem literarischen Text. Dieser wurde von den zwei Schauspielenden vorgelesen und ohne großes Weihnachtsspektakel schlicht und einfach, dafür aber sehr raffiniert inszeniert. Auf der Bühne thronten hinter den zwei Rednerpulten der Schauspielenden die fünf Musikerinnen Meike-Lu Schneider (Violine), Lucia Priester (Violine), Lydia Bach (Viola), Candela Gomez Bonet (Violoncello) und Loreen Síma (Kontrabass) als Engel mit beeindruckenden, rot strahlenden Flügeln. Sie spielten die von Libor Síma extra komponierte Musik. Im Zusammenspiel dieser gespielten Musik mit der Lichtinszenierung und den Worten Dickens’ schaffte es die dramatische Aufführung, den ganzen Saal auf Weihnachten einzustimmen.
Titelbild: Stefan Nimmesgern, Jeanne Degraa
Hochschuljournalismus wie dieser ist teuer. Dementsprechend schwierig ist es, eine unabhängige, ehrenamtlich betriebene Zeitung am Leben zu halten. Wir brauchen also eure Unterstützung: Schon für den Preis eines veganen Gerichts in der Mensa könnt ihr unabhängigen, jungen Journalismus für Studierende, Hochschulangehörige und alle anderen Leipziger*innen auf Steady unterstützen. Wir freuen uns über jeden Euro, der dazu beiträgt, luhze erscheinen zu lassen.