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  • „Die Leidenschaft zur Bewegung begeistert mich“

    Für unsere Winterausgabe sprach Redakteur Eric Binnebößel mit Lucas Herfter, dem neuen Geschäftsführer vom Stadtsportbund Leipzig.

    Seit Oktober 2024 ist Lucas Herfter (28) neuer Geschäftsführer des Leipziger Stadtsportbundes (SSB). Damit ist er einer der ersten Ansprechpartner für die Belange von 105.000 organisiert sporttreibenden Leipziger*innen. Im Interview mit luhze-Redakteur Eric Binnebößel spricht Herfter über Baustellen in der Leipziger Sportlandschaft, das Ehrenamt und seine Ziele als Geschäftsführer.

    luhze: Herr Herfter, wie haben Sie die ersten Wochen Ihrer Amtszeit als neuer SSB-Geschäftsführer erlebt?
    Herfter: Es war eine sehr intensive Anfangszeit. Ich konnte viele Gespräche führen, viele Kontakte knüpfen. Man muss sich auch überall neu vorstellen, präsent sein und viele Termine wahrnehmen. Da ich in Leipzig im Master studiert habe und aus dem Amt für Sport komme, hatte ich es einfacher.

    Was begeistert Sie an der Sportstadt Leipzig?
    Mich begeistert sehr, was in der Stadt für eine Leidenschaft zur Bewegung und zum Sporttreiben herrscht. Von jung bis alt: Viele Menschen sind dem Sport zugewandt, insbesondere dem Breitensport. Und wenn sie nicht schon im Verein aktiv sind, gehen sie in ihrer Freizeit viel raus in die Parks und probieren diverse neue Sportarten aus. Leipzig bietet mit seinen Parks und Seen auch die perfekte Umgebung dafür.

    Sind Sie selbst sportlich aktiv?
    Ja, ich spiele Basketball bei Turbine Leipzig. Mein Bruder hatte schon Basketball gespielt und auch viele Freunde aus dem Umfeld. Da bin ich irgendwann mit dazugekommen. Meine Körpergröße ist für den Sport sicherlich auch vorteilhaft. Zudem komme ich ja ursprünglich aus Mittweida. Die Hochschulsportgemeinschaft dort war damals groß und die Basketballabteilung recht erfolgreich.

    Ihr Vorgänger Michael Mamzed war für 24 Jahre im Amt. Ist das für Sie auch denkbar?
    Das ist natürlich die Absicht. Ich möchte etwas vorantreiben und ich glaube, wenn man so eine Stelle antritt, macht man das nicht für kurze Zeit.

    Die Mitgliederzahl des SSB ist in Mamzeds Amtszeit stark angestiegen. Verspüren Sie dadurch einen besonderen Druck?
    Nein, ich spüre da keinen Druck, weil ich das einzuordnen weiß. Auf der einen Seite war es eine gute Arbeit, die der Staatsportbund geleistet hat. Auf der anderen Seite messen wir uns als Staatssportbund nicht rein an der Mitgliederzahl.
    Es geht nicht nur darum, wie viele Menschen im Verein sind, sondern auch, wie wohl sie sich im Verein fühlen und wie gut die Strukturen im Verein sowie die Rahmenbedingungen für das Vereinsleben sind. Das ist viel, viel entscheidender. Wenn Leipzig wächst, wachsen automatisch auch die Vereine. Nur die Rahmenbedingungen müssen halt stimmen. Und das ist an vielen Stellen noch ausbaufähig.

    An welchen genau?
    Es gibt eigentlich zwei große Punkte in Leipzig, wo man ansetzen muss und die absolut entscheidend sind. Das eine ist die Infrastruktur. Wir haben aktuell ein Kapazitätsdefizit an Sporthallen und -plätzen sowie Schwimmhallen. Mit dem Bau von neuen Schulsporthallen durch das Schulhausbauprogramm ist schon viel entstanden, aber viele Sportstätten sind auch sanierungsbedürftig..
    Das ist dem geschuldet, dass die Stadt schnell gewachsen ist. Außerdem ist die Bauinfrastruktur aus DDR-Zeiten marode und muss saniert werden. Es braucht also mehr Geld für die Sportinfrastruktur. Das ist am Ende aber nicht nur kommunale Sache, sondern muss auch auf Landesebene besprochen werden.

    Und was ist der zweite Punkt?
    Das betrifft das Thema Ehrenamt. Es geht vor allem darum, junges Ehrenamt zu gewinnen und zu binden. Dafür entwickeln wir Konzepte und Ideen. Wir bieten dazu Beratungen und Weiterbildungen an. Diese werden mal mehr, mal weniger gut genutzt. Natürlich ist in den Vereinen meistens auch Training, wenn wir das abends anbieten und tagsüber arbeiten die Menschen.

    Was vermittelt der Stadtsportbund in diesen Beratungen?
    Probleme entstehen häufig an der Basis: Ein Übungsleiter schafft es nicht, das Training allein zu stellen, sondern es braucht halt noch jemanden, der nachzieht. Es stellt sich also die Frage: Wie kann ich das Ehrenamt an junge Menschen weitergeben? Das versuchen wir zu vermitteln. Es geht zum Beispiel um das frühe Einbinden. Verantwortung wird oft zu langsam bis gar nicht abgegeben. Man muss aktiv auf Vereinsmitglieder und Sportler zugehen, sie fragen, ob sie sich vorstellen könnten, im Verein Verantwortung zu übernehmen. Das klingt sehr simpel, wird in der Praxis häufig jedoch nicht gelebt. Hinzu kommt, dass die Vereinsstruktur in Leipzig sehr kleinteilig ist.

    Was meinen Sie damit?
    Es gibt eine Autonomie im Sport: es kann jeder einen Verein gründen. Das ist auch gut so. Als Folge entstehen dann aber viele kleine Vereine mit wenigen Mitgliedern. Gerade dort bricht das Ehrenamt weg, weil man nur mit den Mitgliedern der Vereine neue Verantwortliche für den Vorstand findet. Vereine mit mehr Mitgliedern profitieren davon, personell breiter aufgestellt zu sein. Zudem erhalten sie höhere Förderungen. Es wäre von Vorteil, wenn sich kleine Vereine zunehmend umschauen und sich fragen, wo man mit einer Sportart an einen anderen Verein anknüpfen kann.

    Wie kann der Stadtsportbund die Vereine dabei unterstützen?
    Sagen wir, 20 Leute wollen gerne zusammen Volleyball spielen und möchten deshalb einen Verein gründen. In solchen Fällen sind wir beratend tätig und klären darüber auf, welche Vereine es schon gibt und wo noch Kapazitäten vorhanden sind. Denn ein neu gegründeter Verein braucht schließlich erstmal Trainingszeiten und die sind aufgrund des Kapazitätsdefizits an Sportanlagen rar. Wir weisen außerdem darauf hin, dass es eine Fusionsprämie von der Stadt gibt, wenn sich Vereine zusammenschließen. Diese wurden bisher wenig in Anspruch genommen.

    Ein weiterer wichtiger Punkt, den Sie sich auf die Agenda geschrieben haben, betrifft die Digitalisierung im Sport. Was haben Sie sich hier vorgenommen?
    Es geht vor allem darum, dem Ehrenamt die Arbeit zu erleichtern. Das betrifft alle möglichen Vereinsarbeiten wie beispielsweise Anträge. Gerade der Verwaltungsapparat in Vereinen ist noch recht analog. Das Ehrenamt darf keinen riesigen Papierkrieg mehr führen. In diesem Punkt wollen wir unterstützen. Wir arbeiten im Moment zum Beispiel an einer Stadtsportbund-App, welche die Organisation in Vereinen erleichtern soll. In diesem Prozess sind wir jedoch noch nicht so weit, dass es dazu etwas Konkreteres zu sagen gibt. Aber allerspätestens in fünf Jahren hoffen wir, dieses Vorhaben gegebenenfalls zusammen mit Partnerverbänden in die Realität umgesetzt zu haben.

    Der vom SSB organisierte Leipzig Marathon findet 2025 aufgrund einer Streckenänderung ohne Inliner, Handbikes und Rollstuhlfahrer statt. Ist eine Alternativveranstaltung speziell für die betroffenen Sportler*innen denkbar?
    Erstmal bedauern wir sehr, dass diese Sportarten 2025 wegfallen. Vor allem leidet dadurch der inklusive Sport. Jedoch müssten die Inlineskater und Handbikes durch die neue Streckenführung mehr Gleise kreuzen oder parallel zu diesen fahren. Die Sturzgefahr ist dann zu hoch. Das Risiko können wir nicht mitverantworten.
    Eine Alternativveranstaltung ist neben unseren bisherigen inklusiven Formaten bisher nicht in Planung. Inklusiv zu organisieren, bedeutet für uns, dass irgendwo alle mitmachen und wir Läufer und Rollstuhlfahrer zusammenbringen. Wenn man dann für alles eine Extraveranstaltung macht, ist das auch nicht gegeben. Doch wenn es eine gewisse Menge an Personen gibt, die sich ein solches Format wünschen, dann könnte man darüber reden, dass wir als Veranstalter dahingehend tätig werden.

    Blicken wir auf das neue Jahr voraus. Was sind die Hauptziele des SSB für 2025?
    Eines der Hauptziele ist es auf jeden Fall, das Thema Nachhaltigkeit voranzubringen. Die meisten Sportvereine nehmen viele Ressourcen in Anspruch, zum Beispiel bei Veranstaltungen, auf denen Plastikbecher ausgeteilt werden oder zu denen viele Leute mit dem Auto hinfahren. Wir sind aktuell in der Abstimmung mit der Stadt, deshalb können wir aktuell noch keine konkreten Maßnahmen vorstellen.
    Zudem wollen wir unsere bisherigen Veranstaltungen und Projekte weiterentwickeln und noch enger mit unseren Mitgliedsvereinen in den Austausch gehen. Was uns 2025 auch thematisch sehr beschäftigt, ist das neue Sportprogramm für 2037. Das ist der sportpolitische Fahrplan der Stadt Leipzig, in dem wesentlichen Punkte für den Sport in der Stadt festgehalten werden. Dort stehen wir als Stadtsportbund in enger Kooperation mit dem Amt für Sport und wollen insbesondere den organisierten Breitensport stark vertreten sehen.

     

    Foto: SSB Leipzig

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