Museum der männlichen Künste
Die Ausstellung ‘Rollenbilder’ im Museum der bildenden Künste bricht mit weiblichen Stereotypen.
Ob Muse, Nymphe, Madonna oder verführerische Femme fatale – Frauen erscheinen in der bildenden Kunst eigentlich immer und überall. In fast jedem Museum, jeder Malerei, jeder Skulptur, jeder Grafik sind sie zu betrachten. „Feministisch!“ – könnte man meinen. Doch was sich hinter dem Schleier einer progressiven Motivauswahl verbirgt, ermöglicht einen kritischen Blick hinein in unser gesellschaftliches Verständnis von Kunst und Rollenbildern. Denn, was in beinahe allen Werken auffällt, ist, dass es von einem männlichen Künstler ist. Egal ob Rubens, Klimt oder Degas; alle haben es geliebt, Frauen oder weibliche Körper in ihre Werke zu integrieren. Eine Entscheidung, die nicht allzu selten von Sexualisierung und dem Ausdruck patriarchaler Macht geformt ist. Die Ausstellung “Rollenbilder”, welche seit 7. November und noch bis zum 11. Mai im Museum der bildenden Künste (MdbK) zu finden ist, möchte damit brechen. Sie setzt sich damit auseinander, wie Frauen in der Kunstwelt wahrgenommen werden und fokussiert auf die Frau als ausführende Künstlerin.
In der Kunstwelt kämpfen Frauen schon immer. Neben dem Stereotyp der „häuslichen Frau“, die sich um die Familie kümmert, wurden aufstrebende Künstlerinnen auch innerhalb der Kunstszene stark benachteiligt. So war es Normalität, dass Frauen an Kunstakademien systematisch abgelehnt wurden. Nicht einmal der Zugang zu kleineren öffentlichen Lehrgängen oder Aktklassen wurde ihnen gewährt. Künstlerinnen begannen sich untereinander zu vernetzen und gründeten private Gemeinschaften. Dort bildeten sie sich vor allem im gegenseitigen Zeichnen weiter und führten private Aktstudien. Dadurch wollten sie ihre Fähigkeiten an der Leinwand verbessern und in der Öffentlichkeit sichtbar werden.

Lilla Cabot Perry, Selbstbildnis, um 1889-96, Öl auf Leinwand, 81 × 65,1 cm, Terra Foundation for American Art, Daniel J. Terra Collection, Chicago
Dass das Sichtbarwerden auch im MdbK Leipzig nicht geschehen ist, bestätigt das Kuratorinnen-Team der Ausstellung zu Beginn des Presserundgangs. Das Team selbst besteht aus einer Gruppe von Studierenden der Universität, dessen Leiterin Frau Prof. Dr. Nadja Horsch und einer Kuratorin des Museums – Sabine Hoffmann. Betritt man den ersten Raum, eröffnet sich einem eine große Bandbreite an Gemälden und Skulpturen; über ihnen das Zitat: ‘Do women have to be naked to get into the museum?’. Eine klarer Verriss dessen, dass Frauen vor allem in der Vergangenheit in aufreizenden Posen und leicht bekleidet dem Geschmack des männlichen Betrachters präsentiert werden sollten. Mal mit unnatürlichen Proportionen, mal als „femme fatale“, eine sexistische Darstellung der Frau, die als böse Verführerin agiert und den wehrlosen Mann in tiefes Unglück stürzt. Demgegenüber stehen in der Ausstellung bildnerische Werke von Malerinnen, die Frauen in einer echten und ungeschönten Weise repräsentieren. Als emanzipierte Aktzeichnung, Arbeiterinnen- oder Künstlerinnenporträt. Letzteres bildet ein Selbstporträt von Lilla Cabot Perry ab, das von der Terra Foundation (Chicago) zur Verfügung gestellt wurde. Die folgenden Räume offenbaren uns eine Bestandsaufnahme von Werken „Alter Meisterinnen“ in der Sammlung des MdbK, gefolgt vom bereits oben genannten Blick auf Ausbildung und Selbstbild von Künstlerinnen im 19. Jahrhundert. In ihnen befindet sich das wohl älteste Werk einer Künstlerin in der Sammlung: “Bildnis einer jungen Frau”, vermutlich von Catharina van Hemessen um 1550. Der nächste Bereich der Ausstellung wirft anhand vermeintlich typisch weiblicher Themen die Frage auf, wie Künstlerinnen samt ihrer sogenannten „Frauenkunst“ wahrgenommen werden. Abschließend werden unterschiedliche Formen des sozialen und politischen Engagements von Künstlerinnen vorgestellt. Allem voran das Schaffenswerk Käthe Kollwitz’. Ihr gesamtes Œuvre wirft einen schonungslosen Blick auf erfahrenes, menschliches Leid. Speziell auf das, was Arbeiterinnen in der Weimarer Republik durch ungleiche Bedingungen und Armutsbetroffenheit erfahren haben. Insgesamt fallen auf rund 81.000 Werke in der Museumssammlung 4.000 Objekte, die von Frauen geschaffen wurden. Ein dramatisches Verhältnis, das auch an den Wänden beibehalten wird.
Die gesamte Werkauswahl der Ausstellung “Rollenbilder” konzentriert sich bewusst auf die Geschichte der Sammlung des MdbK. Beinahe vorbildlich arbeitet das Museum die Verfehlungen der eigenen Vergangenheit auf und versteht dies als Impuls, künftige Ausstellungen feministischer zu entwerfen und zu verändern. Was am Ende besonders hängen bleibt, sind die kompromisslosen Unterschiede, die die Werke von Frauen aufwerfen. Das Rollenbild, das sie kreieren, steht der klassischen und eingestaubten Männerkunst geradezu antithetisch gegenüber. Und das ist auch gut so. Denn innerhalb der bildenden Kunst ist der Mann als Kunstschaffender ebenso überrepräsentiert wie die verschobene Repräsentation der Frau.
Titelbild: Rosa Bonheur, Reiter im Regenschauer, 1882, Öl auf Leinwand, 89 × 130 cm, MdbK, Schenkung Bühler-Brockhaus


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