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  • Sind Kurven die Rettung?

    Lassen sich klimapolitische Entscheidungen in CO2-Preise übersetzen? Einen Versuch wagt das Konzept der „Climate Policy Curves“.

    Im Jahr 2024 wurde die 1,5-Grad-Grenze erstmals überschritten. Der Bedarf an wirksamen klimapolitischen Maßnahmen ist deshalb groß. Wichtig sei dabei, den Effekt von klimapolitischen Ambitionen auf die globale Temperaturerhöhung möglichst transparent darzustellen, sagt Martin Hänsel, Juniorprofessor für Inwertsetzung von Natur an der Universität Leipzig und ergänzt: „Es wurde nie direkt dargestellt, wie die eingesetzten Politikinstrumente für den Klimaschutz direkt mit dem Effekt auf die Stabilisierung der globalen Mitteltemperatur zusammenhängen.“

    „Ein einfaches Analysewerkzeug”

    Aus dem Grund hat er zusammen mit einem internationalen Forschungsteam in der Fachzeitschrift Climate Policy das Konzept der „Climate Policy Curves“ (CPC) vorgestellt. In den CPCs werden die Ambitionen der Klimapolitik direkt in den Effekt auf die Temperaturerhöhung übersetzt. „Die Idee liegt darin, dass man jedes Klimapolitikinstrument in einen äquivalenten CO2-Preis übersetzen kann. Dieser CO2-Preis wiederum wird als Variable für die klimapolitischen Ambitionen verwendet“, erklärt Hänsel. Insbesondere könne man dadurch nichtpreisliche Maßnahmen berücksichtigen, indem man die damit verbundenen Emissionsreduktionen mit dem entsprechenden Kohlenstoffpreis beziffert.

    Vereinfacht gesagt, führt ein höherer CO2-Preis zu geringeren Emissionen. Dabei wird die Wachstumsrate einbezogen, also die relative Zunahme des CO2-Preises innerhalb eines bestimmten Zeitraums. Das bedeutet, je größer die Wachstumsrate ist, desto mehr wird in der Zukunft in politische Maßnahmen investiert. So habe man zwei Stellschrauben: Man könne die klimapolitischen Ambitionen heute und für die Zukunft vergleichen, erklärt Hänsel.

    „Wir wollen Entscheidungsträgern ein einfaches Analysewerkzeug mit an die Hand geben“, sagt der Wirtschaftswissenschaftler. Man könne mit dem Modell insbesondere die Wechselwirkungen und Kompromisse zwischen der heutigen und zukünftigen politischen Stringenz einer effektiven Bepreisung von CO2 analysieren.

    Konflikt der Generationen

    Eine weitere Implikation ergibt sich aus der Frage, welchen Einfluss heutige klimapolitische Entscheidungen auf zukünftige Generationen haben. Dabei zeigt sich ein entgegengesetzter Zusammenhang: Investiert man heute viel in klimapolitische Maßnahmen, könne man sich eine geringere Wachstumsrate erlauben. Die Alternative wäre ein sehr geringer Anfangspreis für CO2. „Wenn man in diesem Fall aber trotzdem die Klimaziele erreichen will, ist eine hohe Wachstumsrate des CO2-Preises erforderlich mit der Folge, dass zukünftige Generationen einen größeren Teil der Transformationskosten stemmen müssen“, erklärt Hänsel.

    Demnach verdeutlichen die unterschiedlichen Kohlenstoffpreisverläufe die Wahl der Lastenverteilung des Klimawandels zwischen den Generationen. Eine hohe Wachstumsrate bedeutet also auch eine höhere Belastung für zukünftige Generationen.

    Wie Hänsel unterstreicht, ist jedoch auch dieses Konzept nicht frei von Unsicherheiten. Einer der zu berücksichtigenden Faktoren ist die Gleichgewichts-Klimasensitivität: Also wie stark sich die globale Durchschnittstemperatur ändern würde, wenn sich der atmosphärische CO2-Gehalt verdoppelt.
    „Wir wissen nicht genau, wie stark sich das Klima erwärmt, wenn wir eine bestimmte Menge an CO2 in die Atmosphäre emittieren“, sagt Hänsel. Deshalb habe man abgebildet, wie unterschiedlich die Klimapolitikkurven liegen würden, je nach angenommener Klimasensitivität.

    Weiterhin könne das Modell Unsicherheiten über das Aufkommen neuer Technologien, die es erlauben, CO2 aus der Atmosphäre zu entnehmen, berücksichtigen. Wenn sogenannte negative Emissionstechnologien schneller im großen Maßstab zur Verfügung stehen würden, sei es günstiger, ein bestimmtes Klimaziel zu erreichen, erklärt Hänsel. „Die oberste Priorität sollte trotzdem sein, die globalen Emissionen möglichst schnell auf null zu bringen, um die Abhängigkeit von negativen Emissionstechnologien zu vermeiden“, sagt der Wirtschaftswissenschaftler.

    Titelbild: Swen Reichhold

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