Frühling-Flirts – Nicht nur Liebe liegt in der Luft
Im Frühling ist Dating-Hochsaison. Alle sind plötzlich wieder draußen. Joggen, lesen, lachen. Und ich sehe ihnen aus den verschlossenen Fenstern zu – wie ein Vampir, bloß mit Heuschnupfen.
Die Natur beginnt zu erwachen. Die Sonne scheint sanft auf unsere Haut. Der frische Duft von Blumen liegt in der Luft. Während andere fröhlich durch die blühenden Parks schlendern, sehe ich aus wie jemand, der zu viel Zeit mit Zwiebeln verbringt: rote Augen, triefende Nase und verschleimte Atemwege. Der Frühling gilt als die romantischste Jahreszeit. Zumindest behauptet Goethe das. Der hat in seinem „Mailied“ dem Frühling einen dermaßen romantischen Ruf verpasst, dass wir jetzt jedes Jahr denken, wir müssten uns verlieben, nur weil irgendwo ein Busch blüht.
Vögel zwitschern, Paare halten Händchen, wunderschöne Sonnenuntergänge. Überall liegt Hoffnung und…Heuschnupfen. Für mich bedeutet Frühling mittlerweile: eine intime Dreiecksbeziehung zwischen mir, meinem Nasenspray und den Augentropfen. Denn ohne die beiden kann ich mir diese Jahreszeit nicht mehr vorstellen.
Ich hatte mal ein Date. Natürlich im Frühling und natürlich sollte es in einem Park stattfinden. Während der Primetime meiner Allergie. Seine Idee. Er saß da, total entspannt auf seiner karierten Picknickdecke, die übrigens aussah, als wäre sie aus einem „Romantik für Anfänger – Starter Pack“. Ich habe mich auch nicht gerade als Hauptgewinn präsentiert – eher als Nebenwirkung. Mit meiner Sonnenbrille, dem Basecap und der Handtasche voller Allergietabletten sah ich aus wie eine Kriminelle, die gerade eine Apotheke ausgeraubt hat. Zur Begrüßung gab ich ihm ein „Hatschi“. Er versuchte das Nachhallen meines Niesens zu übertönen, indem er mir ein Kompliment machte: „Du hast schöne Augen!“ Ich antwortete: „Danke, sie sind heute extra angeschwollen.“ Nach wenigen Minuten war mir klar: Romantik ist zwar eine schöne Idee, aber die Pollenallergie hat mich zurück in die Realität geholt. Während er weiterhin von der Natur schwärmte, war ich damit beschäftigt, mir unauffällig die Seele aus der Nase zu schnauben.
Wenn wir schon bei Dates sind, ich hatte auch noch ein anderes Frühjahrstreffen. Er hat mir geschrieben: „Ich liebe Spaziergänge im Grünen.“ Ich habe darauf geantwortet: „Und ich liebe Orte, an denen ich atmen kann“. Wir haben uns dann im Einkaufszentrum getroffen. War zwar nicht superromantisch, aber wenigstens pollenfrei. Statt einem romantischen Sonnenuntergang, gab’s Frühlingsrollen bei einer asiatischen Imbissbude und ein Gespräch über seine Leidenschaft fürs Thermostate-Anbauen. Ohne jetzt gemein zu sein, aber: Die Frühlingsrollen waren heißer als das Date. Als er mich beim Abschied gefragt hat, ob wir uns wiedersehen wollen, habe ich freundlich gelächelt und geniest. Sehr laut. Ein Niesen sagt manchmal mehr als tausend Worte.
Aber jetzt bitte nicht verzweifeln, es gibt noch Hoffnung! Liebe im Frühling sieht nicht immer aus wie in einem Werbespot von Aperol. Manchmal sieht sie einfach aus wie jemand, der dir ein Taschentuch reicht oder eine Loratadin anbietet und dir zuflüstert: „Ich mag Menschen mit Charakter und einer leicht verstopften Nase.“
Denn nur wer dich trotz allergiebedingtem Totalausfall mag – der meint es wirklich ernst mit dir. Oder ist einfach genauso verzweifelt wie du. Aber auch das ist okay und vielleicht ist die wahre Liebe ja genau das! Ich habe mich inzwischen damit abgefunden. Während andere im Frühling die große Liebe finden, finde ich heraus, welches Antiallergikum am wenigsten müde macht.
Titelbild: ChatGPT


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